Wer eine CED hat, ist vielen Hindernissen ausgesetzt. Eine Hürde, die immer wieder auftaucht, ist der Umgang mit potenziellen Arbeitgebern und Kollegen. Soll man von der Erkrankung berichten oder bringt man sich dadurch selbst um Chancen bei der Einstellung und späteren Beförderungen?
Ich habe dafür leider keine klare Handlungsanweisung. Was ich habe, ist bloß eine gewisse Portion „Wut“ darüber, überhaupt in dieser Position zu stecken und mir diese Frage stellen zu müssen. Nicht weil ich krank bin, sondern weil ich von der Gesellschaft eigentlich potenziell gezwungen werde, ein Versteckspiel zu spielen. Aber ein paar Schritte zurück. Wie sehen die Bedingungen in Deutschland eigentlich aus und welche zentralen Fragen lassen sich hiervon für die eigene Entscheidung zum Thema ableiten?
Schutz vor Diskriminierung in der Arbeitswelt?
Rechtlich ist es so, dass man mit einer chronischen Erkrankung nicht dazu verpflichtet ist, die gesundheitliche Situation vor dem (potenziellen) Arbeitgeber offen zu legen. Eine allgemeine Frage zu chronischen Erkrankungen im Bewerbungsgespräch ist unzulässig und darf mit einer Lüge beantwortet werden. Genauso wenig darf ein Beschäftigungsverhältnis deshalb eigentlich fristlos gekündigt werden. Ein Fragerecht besteht nur, wenn berechtigtes Interesse besteht und das wiederum gibt es nur, wenn ein Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht erbringen kann oder wenn beispielsweise wegen einer Ansteckungsgefahr ein Gesundheitsrisiko für Kollegen oder Dritte besteht.
In der Realität sieht die Welt jedoch leider immer wieder anders aus. Hier werden chronisch kranke Arbeitnehmer mitunter doch benachteiligt und zurückgesetzt. Man gilt als weniger belastbar und wird mit dem Vorurteil konfrontiert ständig zu fehlen. Deshalb ist die Frage, ob man ehrlich sein sollte oder nicht kompliziert. Klar, die vermeintlichen Vorteile liegen auf der Hand: im Idealfall erntet man Verständnis, erhält, wenn nötig Unterstützung, und erspart sich wertvolle Energie für ein Versteckspiel. Letztlich muss jeder diese schwierige Entscheidung auf Basis der Erfahrungen mit der eigenen Historie und Einschätzung des Umfelds treffen.
Welche Regelungen gibt es konkret?
Fakt ist: besonders geschützt ist man als chronisch Kranker per se nicht. Das Arbeitsrecht schützt „nur“ schwerbehinderte Menschen. Dafür muss man sich um einen Behindertengrad bemühen, der auf einer Skala von 0 bis 100 in Zehnerschritten vergeben wird. Ab einem Grad von 20 wird von einer Behinderung gesprochen, ab 50 gilt man als schwerbehindert. Dann greift ein besonderer Schutz: Es gibt Anspruch auf zusätzlichen Urlaub und ein gesondertes Kündigungsrecht. Eine Kündigung ist dann beispielsweise nur mit Zustimmung des Integrationsamtes zulässig. Problem: solange die eigene Erkrankung noch nicht den Grad einer Behinderung erreicht, bleiben Betroffene oftmals ungeschützt. Dann bleibt nur die juristische Einzelfallentscheidung, die eine ausgesprochene Kündigung wegen verdeckter Ungleichbehandlung nach dem AGG unwirksam machen kann. Aber solch ein Weg kostet dann eben auch Kraft und Nerven.
Morbus Crohn im Bewerbungsgespräch: was tun?
Ich selbst bin zwar prinzipiell ein Fan von Transparenz und Ehrlichkeit, aber da ich nicht so sehr eingeschränkt bin, dass ich davon ausgehen muss häufig und lange am Arbeitsplatz zu fehlen (bisher, toi toi toi!), lautet meine Entscheidung dieses Thema auszusparen, so lange in der Gesellschaft noch kein umfassenderes Bewusstsein zum Leben mit CED vorhanden ist.
Ich möchte nicht anders behandelt werden – jedenfalls nicht benachteiligt – und verzichte dafür dann vorerst lieber auf zusätzliche, vielleicht positive Erfahrungen, wie besondere Rücksichtnahme. Wie geht ihr mit diesem Thema um? Bitte teilt eure Erfahrungen mit mir und den anderen Lesern. Wissen ist Macht und ich glaube fest daran, dass wir alle von einer starken Community profitieren!
Leave a Reply