Eigentlich habe ich Termine. Ich bin es gewohnt mich am Riemen zu reißen. An Erschöpftheit grenzende Müdigkeit ist schon lange mein täglicher Begleiter und damit selten ein Grund für mich etwas abzusagen. Und doch ist dieses Mal irgendetwas anders. Gefühlt laufe ich gegen einer innerliche Wand, die bei jedem Abprall die Worte „bis hierin und weiter geht es nicht“ aussendet. Die letzten Wochen waren aufreibend. Krank im Bett liegen, Krank im Krankenhaus liegen, Arzttermine, Trauerfall, viel Warten, noch mehr Ungewissheit und nebenbei das eigene Alltagsgeschäft. Nachdenken über die Zukunft, wegarbeiten, was an Arbeit da ist, Mails beantworten, Freunde treffen, Supermarktschlangen und wieder ein neuer Tag. Ich halte viel vom System „Weitermachen“, dem Modus „Ablenkung“ und „living the now“. Keine Ahnung, was morgen passiert? Also eben heute durch den Tag kommen. Doch manchmal schleicht sich etwas ein. Erst ganz leise, unscheinbar und gut zu übergehen, wenn man die Augen in eine andere Richtung wendet. Bis sie irgendwann da ist, die Wand und Du weißt „ich kann jetzt noch für kurze Zeit weiterlaufen, aber dann brechen mir die Beine weg und ich falle hart“. Dann kommt der Moment, der mir zumindest noch schwer fällt. Rückzug, „Nein“ sagen, für einen Moment nicht weiter funktionieren. Warum es allerdings völlig okay ist sich von Zeit zu Zeit selbst den Stecker zu ziehen? Für mich liegt es hier dran.
1. Nicht erreichbar sein außer für sich selbst
Mein Tage beginnen üblicherweise mit einem Blick ins Mailfach. Die folgenden Stunden des Tages bin ich daran gewöhnt, dass alle möglichen Eindrücke und Einflüsse auf mich einprasseln. Die Liste der Dinge, um die ich mich kümmern muss wird dabei länger und länger. Die meisten Punkte sind dabei verknüpft mit Begriffen wie „Erwartungen“, „Ansprüchen“ und „Menschen, die ich nicht enttäuschen will“. Ich bin ganz sicherlich kein Altruist, aber oft doch sehr gefangen in der Rolle alles unter einen Hut bringen zu wollen. Als ich mich entschlossen habe für ein Wochenende abzutauchen, habe ich auch meinen eigenen Status von „jederzeit erreichbar“ auf „bis auf sehr dringende Fälle nicht zu kriegen“ gesetzt. Das heißt nicht nur Geräte offline zu schalten, sondern auch den Fokus auf sich selbst zu richten und ohne Egoismus den Blick statt nach Außen mal wieder nach Innen zu wenden. Das hilft, um Ruhe reinzukriegen. Nicht, um dann in Trübsal zu versinken, sondern um das Funktionieren abzustreifen. Das kommt nämlich häufig zum Preis sich selbst nah sein zu können.
2. Merken, dass die Welt einen auffängt
Ich gebe es zu, bei mir ist die Angst oft noch groß. Enttäusche ich jemanden zu sehr? Hält man mich für unzuverlässig? Leidig? Schwach? Ja und ja und ja – vielleicht. Wer das Denken möchte, der gibt sich offenbar weniger Mühe mit mir als andersherum und unser Verhältnis hätte über kurz oder lang wahrscheinlich eh einen Riss bekommen. In den allermeisten Fällen ist ein temporäres Abtauchen erstaunlich okay und die Menschen rundherum verständnisvoller als die erste Angst es vermuten lässt. Voraussetzung für mich ist dabei allerdings, dass man ehrlich, nachvollziehbar und transparent miteinander kommuniziert und zu verstehen gibt, dass man zu einem anderen Zeitpunkt auch wieder da sein wird, um den anderen aufzufangen.
3. Stärker zurück kommen
Nachdem eine heftige Welle Kopfschmerzen zu Beginn des Wochenendes über mich hinweg gerollt war, ist nach der Entscheidung Abzutauchen plötzlich alles ein wenig leichter geworden. Mit jeder Stunde ging es besser mit dem Atmen, eben nicht diesen schnellen, schnapphaften Zügen nach Luft, sondern dem ruhigen, langsamen und regelmäßigen Aufsaugen, das wirklich die Lungen füllt. Ein Wochenende wird natürlich nicht alles ins Lot bringen können, aber es ist ein Anfang sich wenigstens nicht noch leerer fühlen zu müssen, sondern wieder ein Stück mit sich selbst zusammengerückt. Und davon haben dann alle etwas. Die Welt und ich.
Leave a Reply