Ich denke, die meisten von Euch würden mir zustimmen, wenn ich sage, dass ein guter Arzt bei einer CED unfassbar wertvoll ist. Vielleicht am ehesten vergleichbar mit dem Frisör des Vertrauens : ) Ich selbst bin mit meinem Morbus Crohn schon durch ganz Deutschland gezogen und war für ein paar Monate im Ausland. Nicht immer habe ich mir an jedem neuen Ort auch eine neue Praxis gesucht. Teilweise war es viel mehr so, dass ich lieber Stunden der Anreise in Kauf genommen habe, um einen Termin bei meinem Lieblingsarzt wahrnehmen zu können. Erst als klar wurde, dass ich dauerhaft in Berlin bleiben würde und der Weg nach Tübingen/Reutlingen, wo ich zuvor studiert hatte, wirklich zu lang ist bei Problemen, habe ich mich in der Hauptstadt schweren Herzens auf die Suche nach Ersatz gemacht. Anhand welcher Kriterien ich die Arztsuche ausrichte und wo ich mittlerweile glücklich in Behandlung bin, könnt ihr bequem in einem anderen Beitrag nachlesen. Warum ist eine gute Beziehung aber so wichtig? Und warum ist vielleicht nicht jeder Arzt der richtige?
Warum die Arzt Patient Beziehung so wichtig ist
Diese Art der Beziehung ist essentiell, weil hier bedeutungsvolle Entscheidungen getroffen und Weichen für das eigene Leben gestellt werden. Im besten Fall ermöglicht eine gute Betreuung auch mit einer chronischen Erkrankung zahlreiche Freiheiten. Aber neben einer guten medizinischen Versorgung, spielen auch weitere Faktoren eine Rolle. Es geht nicht nur um die fachlichen Fähigkeiten, sondern auch um die Kommunikation und Betreuung auf menschlicher Ebene. Ich nenne sie „weiche“ Faktoren, da sie meist weniger einfach zu greifen sind. Da aber auch das psychische Wohlbefinden bei einer CED von großer Bedeutung ist, sollte man sich in der Beziehung Arzt Patient wohl fühlen und nicht mit Bauchschmerzen aus den Terminen kommen. Abgesehen davon verbringt man einen nicht kleinen Teil des eigenen Lebens mit einer chronischen Erkrankung in Wartezimmern, Praxen und Krankenhäusern. Diese Zeit sollte dann wenigstens sinnvoll eingesetzt sein. : )
Was eine gute Arzt Patient Beziehung ausmacht
- Die Art der Ansprache: Ich glaube, dass es in erster Linie darum geht, dass ein Dialog stattfindet. Das bedeutet auch, dass ich mich als Mensch ernst genommen fühle möchte. Paternalistisches Verhalten, Bevormundung oder Entmündigung haben bei all den bedeutungsvollen Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden, keinen Platz. Als ich von einem Arzt in unserem „Kennenlern-Gespräch“ gefragt wurde, ob meine Erschöpfung nicht daher rührt, dass ich als junger Mensch einfach nur zu viel feiern würde und ich meinen Lebenswandel überdenken müsse, war für mich klar, dass ich hier nicht glücklich werden würde. Ich habe dann meine Unterlagen zurückerbeten und mich verabschiedet.
- Kommunikation ist keine Einbahnstraße: Manchmal bin ich mir leider nicht sicher, ob die Patientenmeinung wirklich gewünscht ist. Dabei verstehe ich gar nicht, weshalb. Wir treffen im Leben ja genauso Entscheidungen, sind mündig, haben Dinge beobachtet und leben nun mal in diesem (kranken) Körper. Weshalb ich dann möglichst wenig hinterfragen, keinen Input liefern und keine Einschätzung der Lage (Laborwerte sind ja nicht alles) abgeben können sollte, habe ich nie richtig durchschaut. Ich verstehe, dass selbst recherchierte Diagnosen aus dem Internet nervig sein müssen. Aber mal ehrlich: wer als Arzt das Vertrauen seines Patienten wünscht, sollte selbst auch ein bisschen Vertrauen in seinen Patienten haben.
- Gemeinsam Frustration meistern: Die beiden Punkte, die in dieser Liste folgen, betrachte ich gerne als „weiche Faktoren“, was nicht bedeutet, dass sie weniger wichtig sind. Bloß, dass sie etwas schwieriger zu greifen sein könnten. Manchmal gehen Dinge in der Behandlung schief, das ist wahrscheinlich unausweichlich. Nebenwirkungen sind als Patient frustrierend. Oder wenn Behandlungserfolge ausbleiben. Statt diese Gefühle zu übergehen, lohnt es sich vielleicht, ihnen einen kurzen, geteilten Moment zu widmen. Auch ein Arzt darf zeigen, dass er sich etwas anderes gewünscht hatte, dass er verstehen kann, dass das jetzt wirklich blöd gelaufen ist und er oder sie selbst in so einem Moment auch unglücklich wäre. Damit meine ich keine Schuldzuweisungen oder – Geständnisse, einfach nur der kurze Blick hinter die Kulissen, hinter denen auch der Arzt ein Mensch ist, der mit Mitgefühl und Emotion ausgestattet ist.
- Weniger ausgeliefert sein: die vorherigen beiden Punkte können im Idealfall zu diesem hier führen. Als Patient fühlt man sich häufig hilflos. Allein die Tatsache an einer chronischen Erkrankung wie Morbus Crohn zu leiden, führt oft zum unangenehmen Gefühl ausgeliefert zu sein. Wichtig ist es, sich an den möglichen Stellen selbstbestimmt fühlen zu können. Dazu beitragen kann eine gute Patienten-Arzt-Beziehung, die einem das Gefühl gibt, gleichwertiger Partner zu sein. Nicht noch weiter bevormundet zu werden.
- Ganzheitliche Betrachtung: Gerade CEDs sind dafür bekannt auch weitere Probleme mit sich zu bringen. Haut, Gelenke, Augen – das sind klassische Stellen, die in Mitleidenschaft gezogen werden. Hier tut es gut, das Gefühl zu haben, dass man von ärztlicher Seite eine ganzheitliche Betrachtung erhält, die den eigenen Körper, die eigenen Leiden nicht in Teile zerlegen, die dann isoliert behandelt werden. Wichtig finde ich auch, dass Ärzte sensibel, aber deutlich auch auf psychische Faktoren aufmerksam machen und in diesem Kontext Möglichkeiten der psychologischen Betreuung aufzeigen. Die chronische Krankheit ist schon Stigma genug, die Notwendigkeit einer Psychotherapie sollte nicht auch noch stärker mit Vorurteilen belastet werden.
- fehlende Kenntnisse eingestehen: Vertrauen schafft nicht zwingend ein ärztliches Verhalten, dass Zweifel komplett ausschließt. Ich finde es viel vertrauensvoller, wenn ein Arzt auch die Grenzen seiner eigenen Kenntnisse kommuniziert und auf passende Kollegen verweist, statt erhaben vor sich „hin zu doktern“. Manchmal frage ich mich, ob das „extragroße Selbstbewusstsein“ im Medizinstudium inklusive ist : )
- geschultes Personal: der Vollständigkeit halber gehört für mich auch das weitere Personal einer Arztpraxis dazu. Sei es auf kommunikativer Ebene, als auch auf fachlicher. Gut geschulte Helferinnen und Helfer sind sicherlich nicht nur eine Entlastung für jeden Arzt. Sie geben auch dem Patienten ein gutes Gefühl, wenn sie ein paar (fachliche) Fragen am Telefon beantworten, Abläufe erklären oder Laborwerte kommunizieren und eine Ersteinschätzung vornehmen können.
Fühlt ihr euch wohl in eurer Praxis? Was ist Euch besonders wichtig?
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