„Wie Du bist krank? Immer noch? Erkältung, oder was?,“ fragt mein Gegenüber mit hochgezogenen Augenbrauen. In der vergangenen Woche musste ich einige Termine wegen Arztbesuchen und Unwohlsein absagen, jetzt sitzen wir hier im Café. Nicht ganz. Innerlich muss ich lächeln, weil es immer dasselbe ist und könnte gleichzeitig doch auch heulen, denn ich mag diesen Moment nicht. „Nein, keine Erkältung. Richtig krank, also chronisch krank. Morbus Crohn heißt das, was ich habe,“ murmle ich. Ich kann sehen wie es in meinem Gegenüber arbeitet. In diesem Moment habe ich quasi die Bombe fallen lassen, der Drops ist gelutscht, ich sitze und warte, um dann loszuspringen und im richtigen Moment die Situation aufzufangen. „Aber wie lange denn schon? Du siehst gar nicht krank aus…Du wirkst gar nicht krank, ich verstehe das nicht so richtig. Ich meine, ich glaube Dir natürlich, aber…“.
Da ist er. Der Satz, der mir immer ein leichtes Ziehen in der Magengegend verursacht. „Du siehst gar nicht krank aus.“ Wenn mich jemand fragt, dann ist genau das die Tücke meines Morbus Crohn. Die Betonlast auf meinen Schultern. Die Krankheit ist schwerwiegend und unberechenbar genug, um mich und mein Leben gehörig ins Straucheln zu bringen. Und gleichzeitig ist sie prinzipiell unsichtbar bis auf die Ausnahmen, wenn das Cortison zuschlägt.
Ein paar Mal, in besonders düsteren Momenten, habe ich mir fast schon gewünscht, man könnte es mir ansehen. Die Wunde nach außen kehren, die Narbe über meine Haut ziehen, so dass mich niemand mehr mit ungläubigen Blicken mustern muss um ein Anzeichen meiner Erkrankung zu suchen, einen Anhaltspunkt, einen Marker, der dieses Etwas greifbar macht. Es ist ja nicht so, dass ich kein Verständnis hätte. Manchmal ist die Situation ja selbst für mich noch schwer zu fassen. Besonders dann, wenn die Tage fast unbeschwert vorbeigezogen sind (von den eher üblichen Begleitern wie Bauchschmerzen, Müdigkeit und ab und an ein Ziepen in den Gelenken abgesehen) und es mich dann wieder mit einem Schlag trifft. Wenn ich gefühlt tausende Arzttermine über mich ergehen lassen muss, im Krankenhaus liegen, Unsicherheit aushalten. Dann schaue auch ich in den Spiegel und kann es beim Anblick meines Gesichts selbst kaum fassen, in wie viele Facetten ein einzelnes Leben zerbrechen kann.
„Ich meine, Du bist ja auch noch so jung…,“ redet mein Gegenüber weiter und stockt dann. Ich lächle und ziehe die Schultern nach oben, lasse sie fallen. „Es ist schon ganz okay, keine Sorge, ich mache das ja schon eine Weile. 10 Jahre oder so,“ höre ich mich meinen Satz aufsagen, den ich mir für solche Momente antrainiert habe, wenn ich den Vorhang zum allerersten Mal für jemand Neues lüfte, der mir noch nicht so nahe steht. Ich weiß nicht wie viele erste Male ich in den letzten Jahren schon durch habe. Wie ein Profi fühle ich mich trotzdem nicht.
Wonach ich mich sehne ist der feine Grad zwischen Mitgefühl, Mitleid und Mitleiden. Den zu treffen ist schwer. Ich habe die Suche nicht aufgegeben. Bis dahin bin ich die mit dem unsichtbaren Ding. Die, die eigentlich zu schön, zu jung, zu was auch immer ist, um krank zu sein.
Ihr mögt, was ihr hier lest? Dann würdet ihr mein Herz ein wenig tanzen lassen, wenn ihr mir auf meiner Facebook-Seite ein Like da lasst : ) So verpasst ihr nichts und ich habe ein Feedback, das mich anspornt dieses Herzprojekt weiterzuführen!
Leave a Reply